Subsidiarität

Subsidiarität
Sub|si|di|a|ri|tät 〈f. 20; unz.〉
1. 〈Pol.; Soziol.〉
1.1 〈kurz für〉 Subsidiaritätsprinzip
1.2 staatliche Unterstützung, die aber nur auf eine Ergänzung der Eigenverantwortung abzielt
2. 〈kath. Kirche〉 auf die Kirchenverfassung übertragener Subsidiarismus
3. 〈Rechtsw.〉 konkurrierender Zusammenprall von Rechtsnormen in Bezug auf Straftaten

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Sub|si|di|a|ri|tät, die; -, -en:
1.
a) <o. Pl.> (Politik, Soziol.) gesellschaftspolitisches Prinzip, nach dem übergeordnete gesellschaftliche Einheiten (bes. der Staat) nur solche Aufgaben an sich ziehen dürfen, zu deren Wahrnehmung untergeordnete Einheiten (bes. die Familie) nicht in der Lage sind;
b) Verpflichtung, die aus dem Prinzip der Subsidiarität (1 a) erwächst.
2. (Rechtsspr.) die Nachrangigkeit einer ↑ subsidiären (b) Rechtsnorm gegenüber einer anderen, auf den Einzelfall genauer zutreffenden Norm.

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Subsidiarität,
 
}1) Grundbegriff der katholischen Soziallehre, von dem her das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft bestimmt wird. - In Politik und Gesellschaftswissenschaften findet der aus dieser Tradition übernommene Begriff in drei Bereichen zunehmend Anwendung: 1) In der Diskussion um eine Neukonzeption des Sozialstaats steht die Forderung nach einem Abbau sozialstaatlicher Aufgaben und Interventionen im Vordergrund, teils unter dem Aspekt der Eingrenzung der öffentlichen Ausgaben, aber auch im Hinblick auf die mangelnde Flexibilität und die Unpersönlichkeit staatlicher Hilfen sowie auf die mit übergeordneten Angeboten verbundene Tendenz zur Entmündigung der unteren Ebenen. 2) In Diskussionszusammenhängen des Kommunitarismus und der Zivilgesellschaft sowie im Bereich der Sozialpolitik stellt Subsidiarität ein Konzept dar, das die Eigeninitiative und die Problembewältigungsmöglichkeiten von Individuen und Gruppen betont und Eingriffe übergeordneter Instanzen auf Bereiche und Situationen beschränken will, in denen die Möglichkeiten und Kompetenzen der unteren Ebenen nicht ausreichen. 3) Im internationalen Rahmen findet der Begriff Subsidiarität in Modellen Verwendung, die die Bedeutung regionaler und nationaler Initiativen gegenüber den zentralistischen Entscheidungsstrukturen v. a. europäischen Institutionen stärken wollen. (Subsidiaritätsprinzip)
 
 
S. Idee u. Wirklichkeit, hg. v. K. W. Nörr u. T. Oppermann (1997);
 U. Schoen: S. Bedeutung u. Wandel des Begriffs in der kath. Soziallehre u. in der dt. Sozialpolitik (1998).
 
 2) Recht: ein Fall der Gesetzeskonkurrenz, derzufolge eine Rechtsnorm (subsidiäre Rechtsnorm) nur für den Fall Geltung beansprucht, dass eine andere nicht zum Zuge kommt. Der subsidiäre Charakter einer Norm ist entweder gesetzlich festgelegt oder durch Auslegung zu ermitteln.

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Sub|si|di|a|ri|tät, die; -: 1. (Politik, Soziol.) gesellschaftspolitisches Prinzip, nach dem übergeordnete gesellschaftliche Einheiten (bes. der Staat) nur solche Aufgaben an sich ziehen dürfen, zu deren Wahrnehmung untergeordnete Einheiten (bes. die Familie) nicht in der Lage sind. 2. (Rechtsspr.) das Subsidiärsein einer Rechtsnorm.

Universal-Lexikon. 2012.

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